Zwischen Gipfeln und Schatten

Veröffentlicht am 4. September 2025 um 03:29

Die Natur ist das Essenziellste, was wir auf dieser Welt haben. Unsere Heimat, die Alpen, ist ein unfassbar schönes Stück Erde, das es verdient, geschätzt und bewahrt zu werden. Genau dieses Gefühl greifen einige Bands aus der österreichischen Black-Metal-Szene auf und verwandeln es in Klangwelten, die zwischen roher Härte, epischer Weite und atmosphärischer Tiefe schweben.

 

 

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Perchta

 

Mit ihrem alpinen Black Metal beschwören sie uralte Kräfte, als würden die Elemente selbst zum Leben erwachen. Wasser, Erde, Geburt und Tod verschmelzen in Songs wie „Wåssa“ zu einer magischen Beschwörung. Gesungen im Tiroler Dialekt und durchzogen von Sagen und Bräuchen, wirken ihre Stücke wie Zaubersprüche, die die Berge seit Jahrhunderten in sich tragen. Ihre Videos verstärken diese Aura: malerische Szenen von Wäldern, Bächen und Nebel verweben sich mit den Klängen zu einer archaischen Atmosphäre. Im Clip zu „Vom Verlånga“ erscheint eine einsame Almhütte, Sinnbild alpiner Idylle und zugleich geheimnisvoll aufgeladen. Mit „Langtuttin & Stampa“ greifen Perchta schließlich direkt ins Herz des Tiroler Brauchtums, eine musikalische Beschwörung zweier Sagengestalten, die bis heute wie Schatten durch die Täler wandern.

 

 

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Senntus

 

Mit „Herzlfresser“ und „Hittrach“ tauchen sie tief in die düsteren Geschichten Österreichs ein, von Mördern, verlorenen Seelen und vergessenen Flüchen. Der Herzlfresser geht zurück auf eine grausame Gestalt aus der Steiermark – ein Mann, von dem man sagt, er habe seinen Opfern das Herz herausgerissen und es teilweise sogar gegessen. Halb Realität, halb Spukgeschichte, wurde er zu einer lebendigen Schreckenslegende, die bis heute nachhallt.

 

Noch älter ist die Geschichte des Hittrach. So nannte man den giftigen Arsenstaub, der beim Rösten und Schmelzen von Erzen in den Hütten Tirols und der Steiermark entstand – ein graues Pulver, geboren aus Rauch und Feuer, das sich als unheilvolles Nebenprodukt ablagerte. Und doch griffen die Menschen danach, nahmen es in kleinen Dosen zu sich, weil es ihnen Kraft versprach und half, die Schinderei im Gebirge zu ertragen. Selbst Pferden wurde es verabreicht, damit sie kräftiger erschienen. Ein finsteres Spiel mit dem Tod, das in den Klängen von Senntus seine Wiedergeburt findet.

 

 

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Weltenbrandt

 

Auf ihrem Debütalbum „Schöpfung“ greifen sie mit dem Song „Lichtscherben“ die alpine Natur in einem düster-mystischen Gewand auf. Das Stück entfaltet sich wie ein stiller Opfergang inmitten alpiner Einsamkeit. Durch einen Frühlingswald zieht eine melancholische Stimmung, während zwei Gestalten schweigend zwischen Bäumen und Pfaden wandern, als wären sie in verschiedenen Sphären, suchend, lauschend, verschwindend. Kein Ort, sondern ein Zustand, ein Schweben zwischen Schatten und dem allmählichen Verblassen. Das Licht, spärlich und zerbrochen, streift wie letzte Hoffnung über kalten Boden. Am Ende kreuzen sich ihre Wege: einer droht sich in Verzweiflung zu verlieren, doch wird er durch die Begegnung wirklich zurück ins Leben geholt?

 

 

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Ellende

 

Dort, wo Weltenbrandt im Dunst verschwimmen, führt Ellende den Weg weiter, melancholisch, wuchtig, von Sehnsucht und Zorn gleichermaßen getragen. In „Abschied“ wird spürbar, wie Schmerz und Schönheit untrennbar miteinander verwoben sind. Das Video spielt in einer abgelegenen Berghütte bei Salzburg, Elsbethen. Dort begleitet eine Tochter ihren kranken Vater, gefilmt mit zurückhaltender Intensität und großartigen Darstellern. Der Clip ist ein Sinnbild für das Unausweichliche: den Kreislauf von Leben und Tod, das stille Loslassen inmitten der Natur. Er erzählt von Sorge und Nähe, aber auch vom Verlust von Gewissheit, ein Abschied, der nicht nur ein Leben beendet, sondern den Halt im Vertrauten zerbricht. Ellendes Klänge gleichen einer Wanderung durch alte Täler, wo jede Melodie den Atem des Leidens trägt und doch eine unzerbrechliche Kraft darin verborgen liegt.

 

 

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Karg

 

Aus dieser Melancholie stürzen wir hinein in den Sog der Schwermut. Mit dem Video „Yūgen“ entfesseln sie Gitarrenwände, die wie Lawinen niedergehen und alpine Landschaften in einem Strudel aus Emotionen versinken lassen. Die Bilder zeigen neblige Szenen, verlassene Orte und eine beklemmende Wanderung durch innere und äußere Einsamkeit. Nach endlosen Jahren in der Fremde wächst die Sehnsucht nach Wärme, Vertrautheit und Ankunft, eine Heimkehr nicht nur an einen Ort, sondern zu sich selbst. Ihre Musik gleicht einem Bergabhang, der jederzeit ins Rutschen geraten kann: unberechenbar, majestätisch, zerstörerisch.

 

 

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Firtan

 

Und aus dieser Schwere treten Firtan hervor und zeigen mit „Hrenga“, wie Natur und Black Metal endgültig eins werden. Auch wenn nicht die Alpen im Mittelpunkt stehen, offenbart die Natur im Video eine eigene Schönheit, die ihre Unendlichkeit spüren lässt und zugleich zeigt, wie klein der Mensch mit all seinen Sorgen und Ängsten darin erscheint. Progressive Elemente treffen auf wütende Raserei, während die Musik in ihrer Detailverliebtheit fast organisch wirkt. Es ist, als ob ein uralter Wald atmet, jeder Riffschlag das Pochen der Erde selbst, ein Klang, der die rohe Kraft der Natur in sich trägt.

 

 

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Black Metal aus den Alpen ist mehr als nur Musik. Es ist ein Spiegel unserer Landschaft, unserer Geschichte und unserer Seele — wild, schmerzhaft und wunderschön.

Quellen & Links

 

Perchta – „Wåssa“: https://www.youtube.com/watch?v=q_sOcEjXP-M

 

 

Perchta – „Vom Verlånga“: https://youtu.be/aebhc0wL-YI

 

 

Perchta – Infos zu Langtüttin: https://de.wikipedia.org/wiki/Langt%C3%BCttin

 

 

Perchta – Infos zu Stampa: https://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/tirol/oberinntal/diestampa.html

 

 

Senntus – „Herzlfresser“: https://www.youtube.com/watch?v=EEUDgmcgJVU

Der Herzlfresser | Damals in der Steiermark | Politik und Geschichte im Austria-Forum https://share.google/5QBTxedubdamsXK8d

 

 

Senntus – „Hittrach“: https://www.youtube.com/watch?v=u56-XC7JiDY

Hüttenrauch – Wikipedia https://share.google/a8bkNW6aBGmnQfFXS

 

 

Weltenbrandt – „Lichtscherben“: https://www.youtube.com/watch?v=Ku8musclG-s

 

 

Ellende – „Abschied“: https://www.youtube.com/watch?v=oPkPqRyc6zs

 

 

Karg – „Yūgen“: https://www.youtube.com/watch?v=vmh0TVMrYOo

 

 

Firtan – „Hrenga“: https://www.youtube.com/watch?v=C_BNDU01NIY